Über die ÜWG

60 Jahre ÜWG im Odenwaldkreis Rückblick des Ehrenvorsitzenden Werner Old

60 Jahre ÜWG im Odenwaldkreis

Rückblick des Ehrenvorsitzenden Werner Old

anlässlich der Jubiläumsveranstaltung am 06.11.2016

in der Mossautalhalle in Hüttenthal

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der ÜWG- Odenwaldkreis, zum Jubiläum  „60 Jahre ÜWG im Odenwaldkreis“ begrüße auch ich Sie sehr herzlich. Wie Sie aus dem Programm für den heutigen Tag ersehen können, hat mich der Vorstand der ÜWG gebeten, einen Rückblick auf die vergangen Jahre zu halten.

Nun denn, fangen wir mal an:

Am 9. September jährte sich zum 60. Mal der Tag, an dem zu der Gründungsversammlung der Überparteilichen Wählergemeinschaft im damaligen Kreis Erbach eingeladen wurde.

Wie kam es dazu?

Nach dem furchtbaren zweiten Weltkrieg und den Erfahrungen, die unsere Altvorderen in dieser Zeit mit den politischen Akteuren gemacht hatten, war das Interesse an der Kommunalpolitik zunächst  zurückhaltend.  Man hat erst einmal abgewartet, wie sich die ganze Sache entwickelt.

Viele waren zwar bereit, an der Entwicklung und Gestaltung in ihren Städten und Gemeinden mitzuwirken, wollten aber von einer Parteibindung, auf Grund der schlechten Erfahrung in der Vergangenheit nichts wissen.

1952 haben sich  Männer und Frauen zusammengefunden um in ihren Städten und Gemeinden an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Das war die eigentliche Geburtsstunde der ÜWG.

Weil man das aber auch auf die Kreispolitik ausweiten wollte, haben sich am 4. August 1956 haben sich die Vertreter der überparteilichen Gemeindelisten in Beerfelden, Erbach, Michelstadt, Höchst, Neustadt, Hainstadt, Lützel-Wiebelsbach, Steinbach und Zell entschlossen, einen eigenen Wahlvorschlag zur Kreistagswahl einzureichen.

Daraufhin hat Bürgermeister Erwin Hasenzahl, Michelstadt für den 09. September 1956 zu einer Gründungsversammlung einer Überparteilichen Wählergemeinschaft im Kreis Erbach eingeladen.

Dieser 09. September 1956 ist damit der Geburtstag der heutigen ÜWG Odenwaldkreis.

Auf Anhieb erhielt die ÜWG bei der Kreistagswahl am 28. Oktober 1956 8 von 31 Sitzen im Kreistag.

Erwin Hasenzahl, Michelstadt; Jakob Siefert, Fronhofen Eberhard Müller, Erbach; Peter Müller, Ober-Kainsbach; Werner Schoefer, Michelstadt; Leonhart Deitrich,  Bad-König  und Jakob Weber, Beerfelden ; waren die ersten Vertreter der ÜWG im Kreistag des Kreises Erbach.

In den Kreisausschuss wurde für die ÜWG  Fritz Walter, Lützel-Wiebelsbach geschickt.

Die ÜWG war auf Anhieb die  zweitstärkste Fraktion vor der CDU mit 5 Sitzen. Mit 18 Abgeordneten hatte die  SPD die absolute Mehrheit.

Bei der Kreistagswahl im Jahre 1960 zog die ÜWG wieder mit 7 Abgeordneten in das Kreisparlament ein.

Von den Wahlergebnissen die damals erzielt wurden, können wir heute nur träumen.

In Dusenbach erreichte die ÜWG 48,4%, in Forstel 41,7 %  der Stimmen. Aber auch in größeren Gemeinden wie Lützel-Wiebelsbach mit 28,3% in Michelstadt mit 23,1 % hat man gut abgeschnitten.

Bei allen übrigen Kreistagswahlen bis 2006  errang die ÜWG jeweils 5 oder 6 Sitze. Wobei zu berücksichtigen ist, dass die Zahl der Kreistagsabgeordneten auf Grund der Gebietsreform 1972 von 31 auf 51 Abgeordnete erhöht wurde.

Bis 1981 waren drei Fraktionen im Kreistag nämlich SPD, CDU und ÜWG, 1985 kamen die Grünen mit 3 Abgeordneten dazu, 1997 die REPs, 2001 die FDP, 2006 die Linke und 2016 die AfD, so dass jetzt 7 Fraktionen im  Kreistag vertreten sind.

In der ÜWG gab es im Jahr 1973 die erste große Änderung. Ludwig Neff, der bis dahin als Vorsitzender das Ruder führte, gab sein Amt aus Altergründen ab.

Die Chefs der ÜWG, Erwin Hasenzahl und Fritz Walter, beschlossen, über meinen Kopf hinweg, dass ich dieses Amt übernehmen musste. Gefragt wurde ich nicht. Man hat es mir gesagt und in der Mitgliederversammlung vom März 1973 wurde ich einstimmig in das Amt gewählt. Im März 2007 habe ich das Amt  an Dietrich Kübler abgegeben. Wie bekannt hat 2015 Gerhard Horlacher den Vorsitz in der ÜWG Odenwaldreis übernommen.

Aber zurück zum Jahr 1977. Die SPD hatte bis dahin  immer die absolute Mehrheit. Die Wahl von 77 brachte dann eine riesen  Überraschung. Der SPD fehlte ein Sitz zur Mehrheit, die sie erst 1985 wieder zurückgewinnen konnte.   Für die SPD eine Katastrophe.

1979 Stand die Wahl eines neuen Landrates im Kreis an, weil Gustaf Hofmann aus Altergründen nicht mehr kandidieren konnte. Die Kandidatensuche stand also an. Das war eine heiße Zeit, auch für uns. In der SPD wurden 3 Kandidaten gehandelt.

Die Fastnachter stellten in der Kampagne 1978/79 fest, „Es blitzte und zabbelte im Kreis, dass es eine Not hat.“

Die CDU hoffte auf einen  Landrat aus ihren Reihen und präsentierte mit Dr. Wallmann dem Bruder des damaligen Oberbürgermeisters von Frankfurt als ihren Kandidaten.

Die ÜWG war bei einer Sitzverteilung von 25 SPD – 21 CDU und 5 ÜWG – Abgeordneten das Zünglein an der Waage und damit der Königsmacher.

Wir haben uns die Entscheidung damals nicht leicht gemacht. Wir haben mit  den SPD Kandidaten genauso so gesprochen  wie mit dem von der CDU vorgeschlagenen Kandidaten.

Letztlich fiel unsere Entscheidung auf den Kandidaten der SPD Dr. Baldur Nothhardt. Der dann auch mit den Stimmen von SPD und ÜWG gewählt wurde und 12 Jahre dem Kreis vorstand.

Als 1991 wieder die Landratswahl anstand, war es für uns keine Frage, dass wir wieder für Dr. B. Nothardt plädierten. Da die SPD aber schon 1985 wieder die absolute Mehrheit mit 26 Sitzen errungen hatte, hat sie 1991 entgegen unserem Antrag auf Wiederwahl von Nothhardt eine Neuwahl beschlossen und Horst Schnur zum neuen Landrat gewählt, der das Amt 18 Jahre ausübte und es aus Altersgründen 2009 abgeben musste.

Für die Landratswahl am 8. März 2009 schickten wir Dietrich Kübler, der seit 1997 im Kreisausschuss und seit 2005 Erster Kreisbeigeordneter und damit Stellvertreter des Landrates war  in das Rennen, und Dietrich gewann bekanntlich die Wahl mit überzeugender Mehrheit.

Er trat sein Amt am 1. Sept. 2009 an und beendete damit die Ära der SPD, die vorher über 60 Jahre den Landrat stellte.

Wie sehr diese Tatsache insbesondere die SPD  schmerzte, hat sich ab dem vierten Amtsjahr von Dietrich Kübler gezeigt, als man den Landrat mit allen Mitteln unter und über der Gürtellinie angegriffen hat. Ich will auf diese, nicht nur für Dietrich und seine Familie, schlimme Zeit heut nicht mehr näher eingehen. Sie Alle hatten in der Vergangenheit genügend Möglichkeiten, sich dazu ihre eigene Meinung zu bilden.

Meine sehr geehrten Damen und Herrn, liebe Kolleginnen und Kollegen der ÜWG Odenwaldkreis.

Wenn wir heute auf das 60-jährige Bestehen der ÜWG Odenwaldkreis zurückblicken, können wir feststellen, dass sich unsere Gemeinschaft bewährt hat. Die Grundgedanken der Gründungsmitglieder sind anerkannt. Sie wurden  in all den Jahren beachtet, ohne zu versäumen sie weiter zu entwickeln. Dass wir nicht gegen die politischen Parteien sind,  haben wir immer herausgestellt. Wir haben darauf hingewiesen, dass wir keine Politik gegen die Parteien machen, sondern dass wir gemeinsam mit ihnen uns um die Erfüllung der Aufgaben im Landkreis und in den Gemeinden bemühen.

Entschieden wehren wir uns allerdings nach wie vor gegen den Alleinvertretungsanspruch mancher politischer Parteien, deren Ansehen bei den Bürgerinnen und Bürgern immer mehr schwindet. Das zeigt sich auch bei der Wahlbeteiligung von Bundestags- und Landtagswahlen, wo von allen immer wieder die Wahlmüdigkeit der Bürgerinnen und Bürger beklagt wird.

Dass die Wahlmüdigkeit sich noch nicht total bis zur Gemeinde- und Kreistagswahl ausgeweitet hat, ist sicherlich zum großen Teil auf die Kandidatur von parteiunabhängigen und überparteilichen Kandidaten zurückzuführen. Die 1993 eingeführte Direktwahl hat sicherlich auch mit dazu beigetragen.

Bei Bürgermeister- und Landratswahlen hat es sich gezeigt, dass die Bürger oft anders entscheiden, als dies von den Parteien erwartet wird.

So waren z.B. bei der Kommunalwahl 1985 als die Bürgermeister noch von der Gemeindevertretung gewählt wurden, 10 Bürgermeister in der SPD und 5 bei der ÜWG bzw. parteilos.

Heute gehören der SPD noch 5 Bürgermeister, der CDU 2 Bürgermeister an. 8 Bürgermeister sind entweder parteilos oder bei der ÜWG.

Wie bereits erwähnt, war die ÜWG im Kreistag immer mit 5 oder 6 Abgeordneten vertreten. Das hat sich geändert, als wir den Landrat stellten, 2011 zogen wir mit 9 Abgeordneten in den Kreistag ein. Nach dem Ausscheiden von Dietrich Kübler als Landrat hat sich bei der Wahl 2016 die Zahl wieder auf 7 reduziert.

Aufgrund der Verhaltensweisen gegen über Landrat Dietrich Kübler, stand die ÜWG für die SPD als Partner nicht mehr zur Verfügung.

Durch die Koalition von SPD und CDU im neuen Kreistag, haben unsere Abgeordneten  eine Oppositionsrolle übernommen.

Unsere Abgeordneten leisten auch hier eine überparteiliche und sachbezogene Arbeit.

Sie fühlen sich den Bürgerinnen und Bürgern und dem Kreis mit seinen Städten und Gemeinden verpflichtet. Sie verstehen sich als gesellschaftliche Gruppe von parteiungebundenen Bürgerinnen und Bürgern, die alleine auf der kommunalen Ebene an der politischen Willensbildung mitwirken.

Die Mitglieder der ÜWG sind die bewährte Vertretung der Bürger, die keiner Partei angehören. Im Mittelpunkt der Kommunalpolitik der ÜWG Odenwaldkreis stehen die Menschen unseres Landkreises.

Mehr als 60 Jahre tragen die Mandatsträger der ÜWG im Odenwaldkreis Verantwortung. Die ÜWG Odenwaldkreis ist stolz auf das, was durch ihr kommunalpolitisches Wirken erreicht wurde. Wir haben stets das Gespräch mit  den Bürgerinnen und Bürgern und allen relevanten Gruppen gesucht und sind zur Zusammenarbeit mit den Parteien bereit. Das Wohl der Gesamtbevölkerung stand und steht bei allen Entscheidungen oben an. Wenn sich die ÜWG Odenwaldkreis mit ihrer sachbezogenen Arbeit einen festen Platz in der politischen Landschaft auf kommunaler Ebene geschaffen hat, so bedeutet dies jedoch nicht, dass ihre Rolle auf immer gesichert ist.

In der Politik gilt mehr als anderswo, dass das Mandat einen Vertrauensvorschuss auf Zeit darstellt, der immer wieder neu erworben und gerechtfertigt werden muss.

Kein Politiker, auch kein Kommunalpolitiker, darf hoffen, allein seiner Verdienste wegen einen Dauerplatz im Kommunalparlament einnehmen zu können. Er muss sich immer neu stellen, und es sind letztlich die Wählerinnen und Wähler, die in der Wahlkabine über die politische Existenz entscheiden.

Deshalb müssen  die Mandatsträger der ÜWG Odenwaldkreis auch in Zukunft für eine durchschaubare Kommunalpolitik eintreten, die den Bürger ständig mit nachvollziehen lässt, was im Kreis und in den Gemeinden an Machbarem zu verwirklichen ist.

Auch in Zukunft müssen sich die Mandatsträger der ÜWG um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger bemühen und ihre Arbeit am Wohle aller im Odenwaldkreis lebenden Menschen ausrichten.

In diesem Sinne gratuliere ich unserer ÜWG recht herzlich zum sechzigsten Geburtstag und wünsche allen, die bei uns mitarbeiten und die sich uns verbunden fühlen eine gute Zeit in Frieden und Freiheit in unserem schönen, lebenswerten und liebenswerten Odenwald.