Aktuelles

Stellungnahme der ÜWG zum Kreishaushalt 2016

Rede des Fraktionsvorsitzenden, Georg Raab, am 4. Juli 2016 im Kreistag:

Wir haben heute den 04.07.2016 und diskutieren unseren Haushalt 2016, der nun verabschiedet werden soll. Es wird noch einige Zeit dauern, bis er von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden wird. So wird die Verwaltung den Haushalt 2017 vorbereiten, obwohl man die Bedingungen für die Genehmigung des alten Haushaltes noch nicht kennt. Ich habe diese verspätete Einbringung von Anfang an kritisiert und kann auch heute die Argumente der fehlenden Daten zu Flüchtlingsentwicklungen und den daraus resultierenden finanziellen Auswirkungen nicht gelten lassen. Andere Kreise hatten kein Problem damit. Eine Situation, die alleine für die ÜWG-Fraktion eine Ablehnung rechtfertigt.

Wir diskutieren Zahlen und Entwicklungen, die zum Teil schon Geschichte sind.

Unser Haushalt ist zum Großteil fremdgesteuert und wir sind abhängig davon, welche finanziellen Mittel uns das Land über den KFA zukommen lässt.

Mein Vorgänger als Fraktionsvorsitzender der ÜWG, Reinhold Ruhr, hat in seinen Haushaltsreden immer wieder kritisiert, dass uns das Land über den KFA nicht die Mittel zukommen lässt, die wir für eine gesunde Entwicklung benötigen und hat dabei immer wieder die Vernachlässigung des Ländlichen Raumes und die Einwohnerveredlung bei der Zuweisung für die Städte kritisiert. Auch die Neureglung des KFA macht diese Entwicklung deutlich. Auch wenn wir 1,96 Mio. € mehr erhalten als im Jahr 2015, so ist es doch im Vergleich zur alten KFA-Rechtslage eine um 374.040 € geringere Zuweisung. Wir werden weiter benachteiligt.
Die Chancen auf eine gemeinsame Klage mehrerer Kreise schwindet, da die Anzahl derer, die aufgrund der Neureglung des KFA schlechter gestellt sind, sehr gering ist und für andere Kreise, die wohl auch mit der Neureglung nicht zufrieden sind, die Angst besteht, schlechter gestellt zu werden.

Unsere Forderung nach mehr Transparenz und zur Veröffentlichung der Parameter, die man dem neuen Kommunalen Finanzausgleich zugrunde gelegt hat, wurde bisher von Seiten des Landes nicht entsprochen. Es möge jeder selbst seine Schlüsse daraus ziehen. Die Verwaltung sollte aber weiterhin die Veröffentlichung einfordern. Wenn man dem Koalitionsvertrag von SPD und CDU (Odenwaldkreis) Glauben schenken kann, so will man sich für einen gerechten Finanzausgleich einsetzen, um den Erfordernissen des ländlichen Raumes gerecht zu werden. Eine langjährige Forderung der ÜWG.

Kommen wir zu unseren Haushaltszahlen:
Auf der Ertragsseite können wir im Vergleich zum Haushalt 2015 15,6 Mio. € Mehreinnahmen verbuchen und landen bei 150.762.184 €. Von den Mehreinnahmen in Höhe von 15,6 Mio. stammen allein ca. 6 Mio. von den Mehreinnahmen aus der Kreis und Schulumlage, also von unseren Kommunen. Dem stehen auf der Ausgabenseite ein Mehr von 13,5 Mio. € und in der Summe 158.499.263 € gegenüber. Dies entspricht einem Fehlbetrag von 7.737.079 € und liegt somit 184.613 € unter der Schutzschirmforderung. Im Vergleich zum Gesamtvolumen kann man von einer Punktlandung sprechen.

Wie schwierig unsere Haushaltssituation ist, zeigt sich auch alleine in der Tatsache, dass dieses Ergebnis der allgemeinen Zinssituation geschuldet ist. Bei unserem Kassenkreditvolumen von ca. 150 Mio. € macht eine Zinsentwicklung von 0,5% eine Mehrbelastung von 730.000 € aus. Eine Besoldung- bzw. Tariferhöhung für unser Personal im Umfang von 1% würde sich mit zusätzlichen Kosten von 220.000 € zu Buche schlagen. Diese Zahlen zeigen, wie eng unser Haushalt gestrickt ist und wie gering der Spielraum von 184.000 € in diesem Haushalt – zum Zeitpunkt der Aufstellung – ist bzw. war.

Für die ÜWG Fraktion ist das jährlich gesteckte Ziel, die Vorgaben des Schutzschirms zu erreichen zu gering. Bei einer Einnahmenerhöhung von 15,6 Mio. € nur eine Verminderung der Gesamtdefizits von 2 Mio. € zu erreichen, ist der ÜWG zu wenig. Denn unsere Kassenkredite steigen weiter an und sitzen uns bzw. der uns nachfolgenden Generation im Nacken. Erreichen wir jährlich nur das Schutzschirmkriterium, so werden wir bei einem ausgeglichen Haushalt im Jahr 2020 bei 180 Mio. € Kassenkredite sein. Eine Erhöhung der Zinsen um 3% würden dann eine jährliche Zinsmehrbelastungen von 5,4 Mio. € ausmachen.

Zu unserer Grundeinstellung der sparsamen Haushaltsführung hat deshalb auch der Beschluss aus der letzten Sitzung des Kreistages in der alten Legislaturperiode nicht gepasst, auf die Hallenbenutzungsgebühren für außerschulische Nutzung kreiseigener Hallen 2016 zu verzichten. Das war ein Wahlgeschenk und hat mit verantwortungsbewusster und transparenter Politik nichts zu tun. Der Beschluss des Kreistages aus dem Jahr 2015, dass der Eigenbetrieb BIMO darlegt, wie sich die Einnahmen aus der Hallenvermietung entwickelt haben und welche Städte und Gemeinden ihre Vereine entlasten, hätte zu mehr Transparenz geführt. Dieser einstimmigen Forderung des Kreistages ist man aber nie nachgekommen. Anscheinend hat man sich hier durch den Verzicht auf die Hallenbenutzungsgebühren aus etwaigen Erklärungsnöten gerettet.

Mit dem zukünftigen Ausgleich über eine Anhebung der Schulumlage, ist der schwarze Peter nur an die Gemeinden weitergegeben worden. Herr Giebenhain konnte dabei feststellen, „der Kreis verlangt von den Vereinen keine Gebühren mehr“. Jetzt sind die Parlamente in den Städten und Gemeinden gefragt, wie sie mit dem vom Kreis zugeschobenen Problem umgehen. Dieses Vorgehen mit dem Ziel der Vereinsförderung zu verkaufen ist ein Schlag ins Gesicht der Vereine, die eigene Hallen nutzen und finanzieren, bzw. gemeindeeigene Hallen nutzen und dafür Gebühren bezahlen müssen. Die ÜWG hat sich immer für eine Vereinsförderung und die Förderung des Ehrenamtes ausgesprochen. Vereinsförderung für alle und nicht für wenige durch alle.

Denn mit der Erhöhung der Schulumlage werden alle Kommunen belastet, egal, ob sie kreiseigene Hallen haben oder nicht. Dazu eine weitere Aussage aus dem Koalitionsvertrag, mittel- und langfristig sollen die Städte und Gemeinden finanziell entlastet werden. Zuerst steht aber einmal die Belastung.

In jeder Haushaltsdiskussion landet man bei den Personalkosten, da dies ein Bereich ist, der auch immer wieder von der Aufsichtsbehörde angesprochen wird. Im Personalbereich sucht man vermeintliche Einsparpotentiale. Haben wir im Zeitraum von 2011 bis 2015 die Anzahl der Stellen von 371 auf 365 Stellen reduziert, so sind die Personalkosten trotzdem von 19,9 Mio. € auf 23,3 Mio. € gestiegen. Dies hatte grundsätzlich gesetzliche oder tarifliche Gründe.

Der vorliegende Haushalt 2016 geht von 384,53 Stellen und einem Kostenumfang von 25,142 Mio. € aus. 19,4 Stellen in einem Jahr zusätzlich zu veranschlagen ist sehr viel. Auch wenn es in den Erläuterungen heißt, ein Großteil der zusätzlichen Kosten sei über Erstattungen des Landes und des Bundes refinanziert. Die Erläuterungen zum Stellenplan zeigen uns ein anderes Bild. Von besonderer Bedeutung ist die Aussage im Haushaltskonsolidierungskonzept zum Personalbereich:
Ein relevanter Konsolidierungsbeitrag seitens des Personalbereichs ist auch für die Zukunft nicht zu erwarten. Einzelne wegfallende Stellen müssen durch die Übertragung neuer Aufgaben und Fallzahlsteigerungen durch Gesetzesänderungen in anderen Bereichen der Kreisverwaltung wieder bereitgestellt werden. Gerade diese Aussage macht deutlich, dass wir das Konnexitätsprinzip auch gegenüber dem Bund einfordern müssen.

Eine weitere Einsparmöglichkeit besteht natürlich in der Überprüfung unserer Standards, die wir uns alle gemeinsam gesetzt haben. Es gilt zu klären, ob der Kreis die eine oder andere Aufgabe wirklich wahrnehmen muss. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vom 31.05.2016 wurde beschlossen, die wirtschaftliche Betätigung des Kreises auf den Prüfstand zu stellen und in den folgenden Sitzungen des H+F die einzelnen Betätigungen zu überprüfen. Wir haben vielfältige Aufgaben aus der alten Legislaturperiode übernommen, die umgehend angegangen werden müssen.

Zielsetzung der ÜWG-Politik der vergangen Jahre war immer die Reorganisation unserer Kreistöchter. So z.B. Konzentration der Arbeit in der OREG auf die Kernaufgaben Wirtschaftsförderung und Touristik.
So haben wir auch heute dem Punkt 4 der Tagesordnung, dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen an der FrankfurtRheinMain GmbH International Marketing of Region zugestimmt. Wir investieren jährlich 20.000 € – auch wieder zusätzliche Kosten – erhoffen uns aber durch die Teilhabe und besser Vernetzung einen Gewinn im Rahmen der Wirtschaftsförderung für unseren Odenwaldkreis. Für die ÜWG ist aber wichtig, dass mit diesem Schritt eine Anbindung in die andere Richtung, die Region Rhein-Neckar nicht aus den Augen verloren wird.

Zu den Touristischen Aktivitäten erinnern wir an den Abschlussbericht der Projektgruppe OREG 2.0, in dem festgehalten ist, dass die OTG in allen Belangen auf den Prüfstand zu stellen ist.
Unsere Zustimmung zu den Beschlussvorlagen der Tagesordnungs-punkte 5 und 6 möchte ich zusammen betrachten. Es geht zum einen um unser Gesundheitszentrum. Hier sind sich alle Fraktionen einig, das Gesundheitszentrum ist ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Infrastruktur. Wir sollten alle Anstrengungen unternehmen das Heft des Handelns in den eigenen Händen zu behalten. Für die ÜWG-Fraktion war die Stärkung des Eigenkapitals des GZO immer ein zentrales Thema. Wir sind sehr froh, dass wir durch die Umwidmung des Kreistagsbeschlusses vom 16.12.2013 unseren Beitrag zur Sicherstellung der Restfinanzierung des Anbaus für die Psychiatrie leisten können.

Die Modernisierung des Bettenhauses ist das nächste große Projekt des Gesundheitszentrums. Die Kosten von über 30 Mio. € müssen gestemmt werden. Das Kommunale Investitionsprogramm kommt hier zur rechten Zeit und trägt mit dazu bei, dass unser Krankenhaus in der Zukunft den Konkurrenzkampf mit den Häusern der benachbarten Kreise nicht scheuen muss. Auch wenn wir im Eigenbetrieb BIMO die ca. 11 Mio. € Gesamtkontingent für den Odenwaldkreis aus Bundes und Landesmittel gut für unsere Schulbauten gebrauchen könnten, stimmt die ÜWG der Übertragung von 7 Mio. € zur Sanierung des Bettenhauses in das Gesundheitszentrum zu. Denn damit ist ein wichtiger Stein in das Finanzierungspuzzle gelegt.
Die restliche ca. 4 Mio. € wurden vom BIMO verplant. Der Großteil dieser Mittel in Höhe von 3,25 Mio. € soll für den Abriss und Neubau des Schulschwimmbades an der Ernst-Göbel-Schule bereitgestellt werden.
Diese Maßnahme wird von der ÜWG ausdrücklich begrüßt, da das Schwimmbad aufgrund der Mängel geschlossen werden musste. Ein Hallenbad in der Unterzent ist aber nicht nur als Übungsstätte für den schulischen Betrieb sondern auch für die Nutzung durch Vereine dringend erforderlich. Die weiteren energetischen Maßnahmen, die durch die restlichen KIP-Mittel umgesetzt werden sollen, werden ebenfalls unterstützt.

Wir sollten uns in dieser Situation wieder einmal bewusst machen, dass der größte Anteil unserer investiven Schulden auf Maßnahmen im Schulbau zurückzuführen ist. Uns ist seit vielen Jahren klar, dass dann, wenn die Schulbauerweiterung abgeschlossen ist, wir weiterhin das jährliche finanzielle Kontingent benötigen, um Sanierungs- und energetische Maßnahmen durchführen zu können. Durch die Erweiterung der Ganztagsbetreuung entstehen auch wieder räumliche Ansprüche an den Schulen. Hier fordern wir BIMO auf, alle Möglichkeiten auszuloten, dass eine Realisierung im Bestand möglich ist. Die demografische Entwicklung greift weiter und wir können es uns aufgrund der finanziellen Situation nicht leisten Räumlichkeiten zu schaffen, die morgen leer stehen.

Die ÜWG fordert darüber hinaus die Schulabteilung auf, die Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes endlich voranzutreiben. Alleine die Tatsache, dass das Land Hessen uns aufgrund zwischenzeitlicher Teilfortschreibungen keinen zeitlichen Druck macht, entbindet uns nicht von einer konzeptionellen Weiterentwicklung der Odenwälder Schullandschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren, in meinen Ausführungen habe ich die Gründe genannt, warum die ÜWG-Fraktion diesen Haushalt ablehnen wird.

Den Wirtschaftsplan VHS lehnen wir ebenfalls ab, ich hatte schon in der Betriebskommission keine Zustimmung geben können. Der Wirtschaftsplan reagiert leider nicht auf veränderten Rahmenbedingungen.
Auch in der Planung 2016 erhält die VHS vom Kreis, vom Land und vom Förderverein insgesamt ca. 400.000 € Zuschuss und erwirtschaftet eine Verlust von ca. 30.000 €. Dies alles auch unter der Berücksichtigung, dass durch den Verkauf des Anwesens in der Bahnhofstraße Belastungen weggefallen sind und durch die Verlagerung der Kursräume in die TLS und Büroräume in das Landratsamt keine zusätzlichen Mieten durch das BIMO gefordert werden.

Bildung kostet Geld, doch wir sollten einer alten ÜWG-Forderung im Rahmen AG Bildung im Odenwaldkreis nachkommen und uns für ein integriertes Weiterbildungsangebot der verschiedensten Anbieter im Kreis einsetzen.

Den Wirtschaftsplan BIMO lehnen wir ebenfalls ab. Die außerschulische Nutzung der kreiseigenen Hallen habe ich angesprochen. Weiterhin wiederhole ich meine Kritik aus einer Betriebskommissionssitzung am Investitionsplan. Er stellt nur eine Übersicht dar, dessen sind wir uns bewusst. Trotzdem können wir uns mit Aussagen wie z. B., 5 Mio. für grundlegende energetische Sanierung, Umfang noch nicht abschließend festgelegt für eine Grundschule, nicht zufriedengeben. Diese Begründung für Maßnahmen ist durchgängig zu finden.

Die ÜWG dankt dem Landrat und dem Kreisausschuss, Herrn Schäfer und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sowie den Hauptabteilungsleitern für die Kooperationsbereitschaft und besondere Geduld im Umgang mit unseren Fragen. Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit.