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Kreishaushalt 2020 – Stellungnahme der ÜWG-Fraktion

Rede des ÜWG-Fraktionsvorsitzenden Georg Raab in der Kreistagssitzung vom 17.02.2020

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste, 

wir haben heute einen Haushalt zu beschließen, der im Ergebnis mit einem Plus von 29.829 € abschließt. Im 2018er Haushalt planten wir mit einem Plus von 40.546 €. Im Jahr 2019 ging es aufwärts. Die Planung sah ein Plus von 1.904.054 € vor. 2020 „nur“ 29.829 €. Lassen wir die 400.000 €, die vom LWV eventuell weniger gefordert werden zuerst einmal außen vor.

Woran liegt der Einbruch? Unsere ordentlichen Erträge steigen im Vergleich der Planungen 2019 mit 2020 um 4,4%. Die ordentlichen Aufwendungen steigen aber um 5,6 %. In Euro ausgedrückt bedeutet dies, wir haben 7.149.159 € höhere Erträge und 9.000.000 € höhere Ausgaben. Es stellt sich die Frage, leben wir über unsere Verhältnisse? Oder sind wir, wie ich jährlich feststelle, chronisch unterfinanziert? Es gilt der Frage nachzugehen, denn im KFA haben wir im Saldo 2019 zu 2020 eine Erhöhung um 6,5 %. Die Schlüsselzuweisung steigt um 6,5 %, Kreisumlage und Schulumlage jeweils um 3,7%, sodass wir in den reinen Einnahmen aus dem KFA ein Plus von 4,5% erzielen. Den Sprung zu den 6,5% im Saldo, erzielen wir durch die Reduzierung der LWV-Umlage.

Ein ausgeglichener Haushalt ist Pflicht. Zum Glück spielen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch mit. Denn die Erhöhungen der Einnahmen über den KFA waren Grundvoraussetzung für einen Haushaltsausgleich. Die Erhöhung der Schlüsselzuweisung um 1,935 Mio. € resultieren aus dem Landesprogramm „Starke Heimat“. Die Herkunft der um 100 Mio. € erhöhten Schlüsselmasse gibt aber schon zu denken. 

Ich hatte im letzten Jahr schon Finanzminister Schäfer zitiert:

Die Party ist vorbei!!

Der Landrat wollte dies aufgrund eines Haushaltes mit einem Überschuss von 1,9 Mio. so nicht stehen lassen. Die vorliegenden Zahlen sprechen aber eine deutliche Sprache.

Auch hier wiederhole ich mich, wenn ich feststelle, die fehlende Konnexität gegenüber dem Bund, macht uns Probleme. Es werden Standards gefordert, die uns ständig die Schaffung neuer Personalstellen abzwingen. Auch wenn es oft heißt, die Stellen seien querfinanziert, es bleibt ein Eigenbeitrag hängen.

Gab uns die Entwicklung im Stellenplan 2019 zu denken. Ein Zuwachs im Vergleich zu 2018 von knapp 19 Stellen (nahezu 5%) war geplant.

So muss der neue Stellenplan Kopfschmerzen bereiten. Eine Erhöhung um fast 32 Stellen (7,3%), passend zur Jahreszeit kann man hier nur sagen: Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt?

Nun, bestellt wurde es zum Teil vom Gesetzgeber, siehe Bundesteilhabegesetz oder Online-Zugang-Gesetz. Wir haben aber auch Stellen geschaffen, die zur Weiterentwicklung unserer Infrastruktur notwendig sind. Eine Stelle für das Regionalmanagement, eine Stelle für das Gesundheitsmanagement, eine Stelle für den Fördermittellotsen, Stellenaufstockung bei der Brennergo auf dem Weg zur Gigabit-Versorgung. Aufstockung der Veterinärverwaltung und die neue Stelle eines Klimaschutzmanagers will ich nicht vergessen.

Ausgaben und Leistungen nicht an einnahmestarken Jahren orientieren.

Die Zahlen zeigen, wie angespannt auch weiterhin die Haushaltsituation unseres Odenwaldkreises ist. Die Verpflichtungen aus der Hessenkasse und die ohnehin gestellten Anforderungen an die Haushaltsgestaltung fordern auch weiterhin ein Wachstum auf der Einnahmeseite.

Kleinste Störungen im globalen System können unsere Struktur ins Wanken bringen. 

Wir sollten unseren Haushalt so gestalten, dass wir auch zukünftig ohne eine Erhöhung der Kreisumlage auskommen.

Betrachten wir einige Punkte auf der Ausgabenseite:

Eine gute Infrastruktur ist für unseren Ländlichen Raum besonders wichtig. 

Unser ÖPNV Angebot wird weiter ausgebaut, da es für die Attraktivität unseres Kreises unabdingbar ist. Die Kosten belaufen sich 2020 insgesamt auf über 9,8 Mio. Euro. (II-24) 

Gleichzeitig müssen aber auch die Weichen gestellt werden, um unsere Anbindung per Straße oder Bahn an die Zentren zu optimieren. Auch der Ausbau unserer Bahnanbindung hin zum Begegnungsverkehr auch außerhalb der Bahnhöfe, bzw. hin zur Elektrifizierung müssen angegangen werden. 

Hierzu hat der Landrat mit der Kritik zur Kommunikationspolitik des RMV und mit dem Artikel „Verkehrsminister setzt im Schienenverkehr falschen Schwerpunkt“ Stellung bezogen. Dafür herzlichen Dank. Hier zeigt sich deutlich, wie ein Wahlslogan „Stärkung des Ländlichen Raumes“ umgesetzt wird.

Zur Realisierung unserer Schulbaumaßnahmen sind die KIP Programme hilfreich. Da man unserer Bitte um Fristverlängerung nicht entsprochen hat, sind wir gespannt, wie die Abrechnung der KIP-I Mittel erfolgt. 

Eine langfristige Planung und Abarbeitung der Hochbauprioritätenliste erscheint schwierig, da immer wieder Maßnahmen mit hoher Priorität eingeschoben werden müssen. Das erzeugt natürlich an einigen Schulen Verdruss. 

Die Digitalisierung fordert weitere Investitionen, die neben energetischen Maßnahmen gestemmt werden müssen, um unsere Schulen zukunftsfähig zu gestalten. 

Der Gigabit-Ausbau unserer Schulen kostet 1,7 Mio. €, 10% davon ist der Kreisanteil ohne die Investitionen aus dem Digitalpakt innerhalb der Schulen. 

Der weitere Ausbau der Ganztagsbetreuung verbunden mit der Schulsozialarbeit ist für einen familienfreundlichen Kreis unabdingbar. 

Der Breitband- Ausbau der Städte und Gemeinden wird für die Kommunen in den nächsten 10 Jahren weit über 100 Mio. € kosten. 

Ein Dauerbrenner in den Ausschussberatungen war das Bundesteilhabegesetz.

Herr Schäfer hat auf einer Folie der HH-Präsentation festgestellt:

Produktgruppe 0220 Soziale Sicherung: Fehlbedarf Reduzierung insgesamt – 587.225 €; Gesamtauswirkung BTHG 1,2 Mio. €. 

Produktgruppe 0330 Kinder-, Jugend- und Familienhilfe: Fehlbedarf Steigerung +3,5 Mio. €; Gesamtauswirkung BTHG 1,16 Mio. € 

Bundesteilhabegesetz: Durch die Verlagerung von Zuständigkeiten zwischen LWV und Odenwaldkreis werden wir mit ca. 1,6 Mio. € zusätzlich belastet.

Im Bereich Arbeit und Soziale Sicherung haben wir durch gestiegene Anforderungen einen Stellenzuwachs von 11 Stellen, um die gewohnt gute Arbeit leisten zu können.

Die veränderten Fallzahlen stellen ein Risiko dar. Jugendamtsleiter Bär bezifferte den Zuschussbedarf in dem Produktbereich 03 auf ca. 17 Mio. € plus/minus 10 %. Wir wollen diese plus 10% nicht in Erwägung ziehen. 

Transparenz und Information der Gremien ist notwendig. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch von den Eigenbetrieben Berichte erhalten, was dort gerade im Werden ist. 

Nicht vergessen möchte ich natürlich auf das Produkt Wirtschafts- förderung und Tourismus einzugehen. Unter Kurzbeschreibung ist auf dem Produktblatt zu lesen: Die Aufgaben im Rahmen der Wirtschaftsförderung und des Tourismus wurden aus der Kreisverwaltung ausgegliedert und werden innerhalb von Beteiligungen wahrgenommen – soweit richtig. Die Kreisgremien befassen sich jährlich mit den bestehenden Aufgabenschwerpunkten und fördern die notwendigen Maßnahmen im Rahmen der Wirtschaftsplanungen der Institutionen. Konkrete Kennzahlen gehen aus dem jährlichen Beteiligungsbericht als auch aus dem Bericht über die Überprüfung der wirtschaftlichen Betätigung des Odenwaldkreises hervor. 

Unter der Zielsetzung ist hier zu lesen: Weiterentwicklung der touristischen Infrastruktur und des Tourismusmarketing. 

Im Kreistag haben wir den Verkauf der Odenwald Tourismus GmbH an den Tourismus Service Odenwald Bergstraße e. V. beschlossen. Nicht erst seitdem ist die touristische Entwicklung hinsichtlich der Gästezahlen und Übernachtungen im Odenwaldkreis rückläufig. Dies belegen schon die Antworten auf unsere Anfrage aus dem Mai 2019. Im Vergleich zu Hessen und den benachbarten hessischen Landkreisen haben wir in 2018 mit Minuszahlen abgeschlossen. Und dies wird für sich für 2019 wohl wiederholen. Bis November haben wir im Odenwaldkreis wiederum ein kumuliertes Minus sowohl bei den Gästen als auch bei den Übernachtungen. 

Landrat Matiaske hat hier im Kreistag beim Verkaufsbeschluss der Odenwald Tourismus GmbH auf Nachfrage erklärt, dass er in Zukunft als Vorsitzender des Vereins Tourismusservice Odenwald Bergstraße die Interessen des Odenwaldkreises vertreten werde. Dazu ist bei dieser Entwicklung höchste Eile geboten. 

Der Weiterentwicklung unseres Gesundheitszentrums haben wir uns alle verschrieben. Aber unser Gesundheitszentrum ist finanziell etwas schwach auf der Brust. Verglichen mit Nachbarkrankenhäusern könnte man sagen, sieht es noch ganz gut aus. Trotzdem müssen wir zeitnah Wege finden, wie wir unser GZO dauerhaft stabilisieren können. 

Wir müssen zeitnah Wege finden, wie wir unser Gesundheitszentrum dauerhaft stabilisieren können. 

Der Wirtschaftsplan des Kreiskrankenhauses schließt mit einem Fehlbetrag von 1.217.000 € ab. Der Stand des Eigenkapitals zum 31.12.2019 wurde mit rd. 900.000 € angegeben. Diese Zahlen sind selbstredend. 

Wir wissen aber auch um die Rolle unseres GZO als Medizinisches Versorgungszentrum. Hier wird zentral eine Arbeit zur Versorgung mit Facharztstellen im Kreisgebiet geleistet, die wir nicht missen wollen. Die zusätzliche Stelle eines Gesundheitsmanagers soll Grundlagen für die hausärztliche Versorgung in der Region schaffen. 

Die ÜWG-Fraktion steht nach wie vor zu der Einstellung von 100.000 € als Rückstellung für mögliche Prozesskosten. Der TPEE wurde in Wiesbaden letzte Woche beschlossen. Es kann gehandelt werden. 

Wir lehnen also den Antrag der Grünen, diese Prozesskosten- rückstellung aufzulösen ab. Mit breiter Mehrheit hat der Kreistag beschlossen, die Städte und Gemeinden fachlich, organisatorisch und finanziell dabei zu unterstützen, ihre Planungskompetenz auszuüben. An dieser Absicht hat sich für die ÜWG-Fraktion nichts geändert.

Zum Antrag „Kontrolle der Ausgleichs- und Kompensationsflächen“ ist klarzustellen, dass wir 2019 eine zusätzliche Stelle in der Unteren Naturschutzbehörde geschaffen haben, um die Aufgaben in der Zuständigkeit der Städte und Gemeinden zu begleiten. Der Landrat hat auch in der Sitzung des H+F berichtet, dass über einen zu gründenden Landschaftspflegeverband die Kontrolle neu gestaltet werden könnte.

Die ÜWG-Fraktion lehnt diesen Antrag ab.

Einrichtung eines Klimaschutzbeirates“; auch diesen Antrag lehnen wir ab. Wir haben in der Vergangenheit viele Konzepte und Berichte beschlossen. Wir sollten mit dem neuen Klimaschutzmanager an die Arbeit gehen, Konzepte umzusetzen. Sollte der neue Manager im Laufe des Jahres zu der Überzeugung gelangen, dass ein Beirat hilfreich sein könnte, dann können wir immer noch agieren. Im HH 2020 ist im Bereich Klimaschutz der Ansatz für Sach- und Dienstleistungen um 30.000 € erhöht worden.

Nun komme ich zum letzten Antrag der Grünen bzw. auch zum Ergänzungsantrag der Koalition „Klimaneutrale Kreisverwaltung schaffen“. Bis zum Jahr 2030 soll in der Kreisverwaltung und in allen Liegenschaften Klimaneutralität erreicht werden. Die Koalition toppt den Antrag mit schnellstmöglich. 

Sehr geehrte Damen und Herren, die Anträge der Grünen passen in die Gesamtsituation der sog. Schaufensteranträge, wir versuchen das Klima zu retten, wer uns nicht folgt zerstört unser Klima. Man fährt bundesweit ganz gut damit. Aber auf diesen Zug müssen wir nicht aufspringen. Wir sollten aus der Vergangenheit lernen, was ist aus unseren Beschlüssen zum Klimaschutzkonzept geworden. Ein Beschluss alleine reicht nicht aus. Ich muss auch handeln. 

Dass die Koalition das Feld den Grünen hier nicht überlassen will, kann man vielleicht nachvollziehen. Aber auch SPD und CDU bleiben hier eine klare Aufgabenbeschreibung schuldig. Wer definiert uns bezüglich unserer Liegenschaften „klimaneutral“. Wer beschreibt die Maßnahmen, die zu ergreifen wären, wer kalkuliert die Investitionssumme und wer zeigt den Finanzierungsweg auf. Pauschal zu sagen wir machen das, ist fahrlässig und nicht ehrlich. 

Herr Zelta hat im Ausschuss den Eigenbetrieb BIMO mit den Tätigkeitsbereichen vorgestellt. Für die ausführliche Berichterstattung danken wir. 

Wenn man heute einen Antrag vorlegen würde, BIMO zu beauftragen sich mit dem Themenkomplex direkt zu befassen und eine Strategie zu entwickeln, die mit Kosten hinterlegt ist, wäre das nachvollziehbar. Oliver Grobeis würde darauf wahrscheinlich antworten, wir arbeiten seit Jahren daran. Wenn ihr mir das Zehnfache an Geld geben würdet, wären wir schneller. Aber woher nehmen, wir sollten nicht so tun, als hätten wir von unserer Haushaltsituation keine Kenntnis genommen. 

Unser Fraktionskollege Michael Gänssle hat im Ausschuss gesagt, wir brauchen beide Anträge nicht. Dazu stehen wir und lehnen die Anträge ab.

Nur ein Hinweis noch, wie man mit anderen Anträgen umgeht. Unser Antrag auf die Erstellung eines Radwegekonzeptes wurde auf einstimmige Empfehlung des Ausschusses im Kreistag in der Septembersitzung beschieden. Da geht es etwa um 20.000 bis 30.000 € Eigenanteil. Diesen Antrag hat man zurückgestellt bis ermittelt wird, wie hoch der Eigenanteil wirklich sein wird. Bis jetzt wurde anscheinend nicht ermittelt. Es wurde kein Ansatz im Haushalt gebildet. Werden hier von der Verwaltung Kreistagsbeschlüsse ignoriert oder hat man den Beschluss nur vergessen. 

Für 20.000 bis 30.000 € gehen wir irgendwann in den Gremien in die nächste Runde, aber Beschlüsse mit einem Investitionsbedarf in zweistelliger Millionenhöhe sollen ad hoc gefasst werden. 

Das ist nicht ehrlich, da spielen wir nicht mit, obwohl wir für den Klimaschutz sind

Man sieht aus meinen Ausführungen, dass eine sparsame, nachhaltige Haushaltspolitik dringend geboten ist. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe für die ÜWG – Fraktion die Haushaltssituation beleuchtet. Da und dort auch Kritik geübt. Wir ziehen uns aber nicht aus der Verantwortung und werden dem Haushalt mit allen Anlagen, wenn auch mit Bauchschmerzen, zustimmen. 

Wir danken dem Landrat für die Beantwortung unserer Anfrage zu den geprüften Jahresabschlüssen und hoffen, dass die agierenden Personen innerhalb der Verwaltung zeitnah aufeinander zugehen, damit die Rückstände aufgearbeitet werden können. Eine mögliche Entlassung aus dem Schutzschirm sollte nicht an fehlenden geprüften Jahresabschlüssen scheitern.

Danken möchten wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die zeitnahe Einbringung des Haushaltes. Danken möchten wir dem Landrat und den Herren Schäfer, Schwabe, Grobeis und Zelta dafür, dass sie uns in der Haushaltsklausur für unsere Fragen zur Verfügung standen. 

Danken möchte ich aber auch allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Odenwaldkreis, die durch ihren unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz unser Zusammenleben täglich bereichern. 

Danken möchte ich abschließend auch Ihnen für ihre Aufmerksamkeit.