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ÜWG sieht das neue Bildungsmanagement kritisch

Stellungnahme der ÜWG Fraktion Odenwaldkreis zur Einführung eines „Bildungsmanagements“ für den Odenwaldkreis

von Dr. Tobias Robischon

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Landrat, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

der hier zu treffende Beschluss beschränkt sich nicht auf die Auflösung des Eigenbetriebs Volkshochschule und dessen Eingliederung in die Kreisverwaltung. Wie Herr Raoul Giebenhain für die SPD/CDU-Koalition deutlich gemacht hat, geht der Beschlussvorschlag weit darüber hinaus. Es soll hiermit die politische Zustimmung zu einem sehr umfassenden Projekt hergestellt werden, nämlich einem kreisweiten „Bildungsmanagement“.

Die Änderung der Organisationsform der Volkshochschule geht letztlich auf Vorschläge der ÜWG zurück, wir haben dem in den Ausschüssen auch zugestimmt. Hier geht es jedoch darum, einem Gesamtprojekt „Bildungsmanagement“ zuzustimmen, das in dieser Form neu ist, und bislang in den Gremien auch nicht behandelt wurde, was zu monieren ist. Bildungsmanagement, was soll das sein? Welchem Vorhaben genau soll hier der Kreistag seine Zustimmung erteilen?

Die „Konzeption Bildungsmanagement Odenwaldkreis“ des Ersten Kreisbeigeordneten Oliver Grobeis vom März 2016, die Grundlage des Beschlusses sein soll, wirft hier mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Leider kann Oliver Grobeis auf diese Fragen heute krankheitshalber nicht antworten, sie müssen aber dennoch aufgeworfen werden. Die so genannte „Konzeption Bildungsmanagement Odenwaldkreis“, dies sei vorangestellt, ist ein typisches Stück Förderantragslyrik, das vor allem Schlagworte bedient und ansonsten viel Aufwand damit betreibt, das eigentliche Vorhaben, die Arbeitsschritte, die Ziele und Methoden so weit wie möglich im Ungefähren zu lassen. Das mag in Antragsverfahren üblich sein, hier im Kreistag muss es aber darum gehen, das Papier ernst zu nehmen, denn es soll zur Leitlinie von Politik und Verwaltungshandeln gemacht werden. Und da gibt es viele, viele Fragen. So ist die Begründung für die Einführung eines Bildungsmanagements ausgesprochen dürftig: Über die Stichworte demographischer Wandel (Bevölkerungsrückgang), Abwanderung von jungen Menschen für Ausbildung und Studium in die Ballungsräume und Migration/Flüchtlinge geht der Text nicht hinaus. Und er kommt auch im Folgenden nicht mehr darauf zurück, was denn in diesen Bereichen getan werden sollte.

Bemerkenswert ist lediglich das Eingeständnis des Dezernenten für Jugend und Bildung, dass es in seinem Arbeitsbereich Doppelförderungen und überflüssige Strukturen gäbe. Um diese abzubauen, soll in seinem Zuständigkeitsbereich eine neue Abteilung geschaffen werden. Ziel sei es weiterhin, auf verschiedene Ressorts verteilte Zuständigkeiten am Ende „gemeinsam zu verantworten“. Was dies in der Praxis zu bedeuten hat, wird sich sicherlich nicht jedem Leser erschließen. Die Ziele des Bildungsmanagements dagegen sind äußert hoch gesteckt: Es soll eine sämtliche Bildungsbereiche von der Geburt bis zum hohen Alter umfassende, zentrale Steuerung in der Kreisverwaltung etabliert werden. Und gesteuert werden sollen nicht nur die Bildungsangebote, die in der direkten Verantwortung des Kreises liegen, oder von ihm finanziert werden, sondern auch alle Aktivitäten der Kommunen, freier Träger oder von Unternehmen – Angebote, die auf ganz anderen Wegen finanziert werden. Schon diese sehr weitreichende, weil in Selbstbestimmungsrechte eingreifende Zielsetzung ist erklärungsbedürftig. Zudem: Wie hier künftig die Schwierigkeiten überwunden werden sollen, die zum Scheitern des Projekts Odenwaldcampus geführt haben, ist dem Antrag natürlich nicht zu entnehmen. Auch Überlegungen zu der grundlegenden Frage, wie denn eine Kooperation verschiedenster Bildungsträger erreicht werden kann, insbesondere wenn diese in einem (marktlichen) Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen, geht aus dem Konzept nicht hervor. Lediglich eine Datenerhebung und die Fortführung von Arbeitskreisen werden erwähnt.

Völlig offen bleibt auch die Frage, welche tatsächlichen Verbesserungen denn ein Bildungsmanagement für die Bürgerinnen und Bürger im Odenwald erreichen soll. Hierzu gibt es noch nicht einmal auf einer allgemein-abstrakten Ebene Überlegungen. Die Bildungsberatung soll „weiter entwickelt werden“. Doch über einen Flyer und eine Homepage geht die Vorhabenbeschreibung dazu nicht hinaus. Einen Bildungsbericht sollte man sich auch nicht erhoffen, denn es sollen lediglich dafür Vorbereitungen getroffen werden, um einen Bildungsbericht erstellen zu können. Immerhin soll das Projekt mit förderfähigen Gesamtkosten von 459.000 € eine Bestandsaufnahme aller Bildungsangebote im Kreis erstellen. Das sollte allerdings weitgehend vollständig im Schuldezernat vorliegen.

Was also ist von dem Vorhaben praktisch zu erwarten? Hier wünschen wir von der ÜWG uns weitere Erläuterungen.

Der genauen Nachfrage würdig ist auch die organisatorische Zielstruktur des „Bildungsmanagements“: Diese sieht gemäß der Konzeption „Bildungsmanagement Odenwaldkreis“ in Zukunft keine Beteiligung des Kreistags und seiner Ausschüsse mehr vor, von einer leitenden Rolle der gewählten Vertreter in diesem wichtigen Themenfeld ganz zu schweigen. Dies steht in einem – ebenfalls erläuterungsbedürftigen – Gegensatz zu der Behauptung des stellvertretenden Schuldezernenten Dr. Michael Reuter und des SPD-Fraktionsvorsitzenden Raoul Giebenhain, die Einführung des Bildungsmanagements führe zu einem größeren Einfluss des Kreistags und seiner Ausschüsse auf das Bildungsgeschehen im Kreis.

Auf diesen Grundlagen kann die ÜWG-Fraktion der Einführung eines Bildungsmanagements im Odenwaldkreis nicht zustimmen.