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ÜWG – Kreistagsfraktion lehnt den Kreishaushalt 2017 ab

Rede des Fraktionsvorsitzenden, Georg Raab, zum Haushalt:

ÜWG zum HH 2017 – Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste,

zu Beginn möchte sich die ÜWG – Fraktion bei dem Landrat und der Verwaltung recht herzlich für die frühzeitige Einbringung des Haushaltes 2017 bedanken. Bedanken möchten wir uns auch bei Herrn Schäfer aus der Finanzabteilung und bei Herrn Kumpf für die Beratungsbereitschaft.

Wie soll man diesen Haushalt bewerten? Man kann sich im Vergleich zum letzten Jahr nur wiederholen. In der Neuordnung des KFA nach dem Alsfeldurteil sieht die ÜWG eine Benachteiligung des Odenwaldkreises. Die großen Städte klagen gegen eine Benachteiligung, wir schweigen. Unserer Aufforderung aus dem Frühjahr des letzten Jahres die Parameter zur Berechnung des KFA zur Verfügung zu stellen, ist das Ministerium bis heute nicht nachgekommen. Man scheut die Transparenz. Der Odenwaldkreis gibt sich anscheinend damit zufrieden.

Zu geringe Einnahmen und dazu weitere Ausgaben aufgrund gesetzlicher Veränderungen ohne die Konnexitätszusage machen unsere Situation schwierig.

Das gegenseitige Schulterklopfen über die Einhaltung der Schutzschirmkriterien kann nicht darüber hinweg trösten, dass die gestiegenen Einnahmen aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung den großen Beitrag zu der Erfüllung des Schutzschirmes tragen.

Erhöhte Zuweisungen und daraus resultierend auch erhöhte Einnahmen aus der Kreis- und Schulumlage von den Städten und Gemeinden schaffen uns den kleinen Spielraum zum Atmen.

Das Verfolgen des Schutzschirmpfades gelingt und gelang auch in den vergangenen Jahren nur durch die Erhöhung der Einnahmen, so wie die SPD in der Schutzschirmdiskussion gefordert hatte.

Es stehen diesen erhöhten Einnahmen auch reduzierte Ausgaben in einigen Bereichen gegenüber, trotzdem steigen die Ausgaben insgesamt weiter. Leider. Die ÜWG erkennt keine Anstrengungen bei der Koalition diese Situation nachhaltig zu verändern.

Wir können uns für die besonderen Erfolge um die wichtige Weiterentwicklung unseres Gesundheitszentrums loben, nur, wo würden wir ohne das kommunale Investitionsprogramm stehen?

Diese finanziellen Mittel aus dem KIP machen uns die Baumaßnahmen im Gesundheits- und schulischen Bereich etwas einfacher.

Die von der großen Koalition in der Presseerklärung dargestellten großen Projekte, werden teilweise wieder als Leuchttürme beschrieben. Wir sollten aber abwarten, ob da und dort auch mal ein Licht aufgeht.

Garantiert Mobil ist ein Projekt, das wir alle unterstützen, wir sehen aber dass man bei der Umsetzung mit der besonderen Komplexität der Thematik zu kämpfen hat, was die Verschiebung des Startes um ein halbes Jahr erfordert. Wir wollen nur hoffen, dass der Kostenrahmen ausreicht.

Unser gemeinsamer Flächennutzungsplan Windenergie, die Klage liegt vor Gericht. Dort liegt sie gut. Wir müssen uns die Frage stellen, welche Möglichkeiten haben wir, dieses Verfahren zu beschleunigen, um einen Wildwuchs zu beschränken. Diese Frage sollte sich aber nicht nur der Kreistag stellen, alle Städte und Gemeinde sollten wieder einmal ihre Stimme erheben, um Druck auf dieses Verfahren zu machen. Wir dürfen uns nicht der Gefahr aussetzen, dass am Ende die Frage kommt, warum habt ihr keine weiteren Schritte unternommen.

Aus Veröffentlichungen der großen Koalition konnten wir erfahren, dass das Klimaschutzmanagement des Odenwaldkreises und seiner 15 Städte und Gemeinden einen Schwerpunkt der Arbeit auf die Einführung von Elektrofahrzeugen legt. Zuschüsse locken.

Wir verfahren schon zu lange nach dem Motto „Noch ein Zuschuss und wir sind insolvent“. Haben wir trotz der wichtigen Bemühungen um den Klimaschutz keine dringlicheren Probleme, als die Einführung von Elektrofahrzeugen und sind wir in der ländlich strukturierten Mittelgebirgsregion dafür prädestiniert?

Im Bereich der OREG wird OREG2.0 in Angriff genommen, erste Einsparungen wurden realisiert. Die Zuschüsse zur OTG zurückgefahren.

Der Landkreis macht angeblich von der Anpassungsmöglichkeit Gebrauch, den Ausgleich der tatsächlichen Belastung des Landkreises aus der Schulträgerschaft herbeizuführen. Wo sind die 190.000 € (Protokoll) versteckt, die der Kreis von den Kommunen für die außerschulische Nutzung der Kreishallen über die Schulumlage einfordern will. ( Seite III -11) Ich habe sie nicht gefunden. Ein klarer Fall von fehlender Transparenz? Oder? Der Landrat hatte zugesagt, den dies bezüglichen KT-Beschluss im Rahmen der Haushaltsberatung 2017 zu reflektieren. Hat diese Reflexion, wenn überhaupt, nur bei der Klausurtagung der großen Koalition stattgefunden? Die ÜWG sieht in diesem Beschluss nach wie vor ein Wahlgeschenk, das als Vereinsförderung getarnt wurde. Die ÜWG Fraktion hat sich schon immer für die Förderung des Ehrenamtes und der Vereine ausgesprochen. Dies aber für alle Vereine und nicht nur für den Personenkreis, der kreiseigene Hallen nutzt.

Mit sehr großen Anstrengungen haben wir die Schwimmbäder an den Schulen in Beerfelden und Reichelsheim gebaut. Trotz großer Diskussionen haben wir uns in Reichelsheim auf ein 16 2/3 m Becken beschränkt. In Höchst bietet BIMO der Schule ein 25 m Becken an. Wie gut geht es uns denn? Wie kann man solche Zusagen machen, ohne dies mit der Betriebskommission abgestimmt zu haben?

In der Septembersitzung hatten wir kritisiert, dass die Beteiligung der Gremien bei der Einführung des Bildungsmanagements unterblieben ist. Damals wurde argumentiert, es gehe vorerst lediglich um Bildung integriert und direkt daran gekoppelt das Bildungsmonitoring. Im Haushalt haben wir das Produkt Bildungsmanagement und im Schul- und Kulturausschuss wurde erläutert, wie sich die Führungsebene des Bildungsmanagements zusammensetzen soll. Schön, eine besondere Form der Beteiligung.

Im Haushaltssicherungskonzept wird aus der Genehmigung zum Haushaltsplan 2015 zitiert: Der von mir geforderten Anpassung der Finanzplanung und des Haushaltskonsolidierungskonzeptes an die gesetzlichen Erfordernisse ist der Odenwald zwar nachgekommen, die Verbesserungen beruhen jedoch lediglich auf der positiven Entwicklung der Orientierungsdaten. Die von der Kreisverwaltung erstellt Konsolidierungsliste enthielt 53 Einzelmaßnahmen mit einem Einsparvolumen in Höhe ca. 4 Mio. €, die jedoch nur in geringfügigem Umfang in das Haushaltssicherungskonzept eingeflossen ist.

Eine dieser 53 Maßnahmen war die Reduzierung der Fraktionszuwendungen. Was hat der Kreistag beschlossen? Wir erhöhen die Zuwendung um jährlich 31.000 €.

Auch wenn der Landrat feststellt, die Erhöhung stellt nur 0,002 % des Gesamthaushaltsvolumens dar, so mag das stimmen. Ich nenne es mal eine Sichtweise, wie sie ein ehemaliger Breuberger aufgrund der dortigen Rahmenbedingungen haben kann.

Als Lützelbacher sage ich, es sind 10% unseres freien Spielraumes und schon sieht die Sache anders aus.

Wir haben einen weiter so Haushalt vor uns.

Es fehlt der großen Koalition der Wille zum Sparen und möglichst schnell die Möglichkeit zu schaffen, den Abbau unserer Fehlbeträge aus den Vorjahren in den Focus zu nehmen.

Der vorliegende Haushalt bietet einen Spielraum von ca. 320.000 €.

Es wurde eine Verzinsung der Kassenkredite mit 0,25 % eingeplant.

Bei Kassenkrediten in Höhe von ca. 150 Mio. € machen eine Zinserhöhung um 1% 1,5 Mio. € aus. Das Fünffache unseres Puffers. Nach Aussage des Landrates könnten alleine Tarifveränderungen im ÖPNV unseren Puffer vernichten, ganz abgesehen von den geplanten Veränderungen im Unterhaltvorschussgesetz.

Alleine diese Fakten zeigen, wie riskant der Odenwaldkreis seinen Haushalt fahren will. Diese Tatsachen dienen nicht als Grundlage für die Aussage der Großen Koalition: „ In einer bewegten und unsicheren Zeit sorgen wir für Sicherheit und Verlässlichkeit für die Menschen unserer Region.“

Es reicht nicht aus lediglich die Schutzschirmkriterien zu erfüllen. In der Liste hessischer Landkreise befindet sich der Odenwaldkreis bezüglich der negativen Haushaltsergebnisse auf der vorletzten Stelle. 19 Landkreise stehen vor uns und haben 2017 schon einen ausgeglichenen Haushalt und machen zum Teil ein Plus in Millionenhöhe. Lediglich der Kreis Offenbach steht mit einem Minus von knapp über 10 Mio. hinter uns und bildet das Schlusslicht.

Was passiert ab 2020, wenn wir hoffentlich einen ausgeglichenen Haushalt haben.

Die Aussage des Landrates dazu im Haupt- und Finanzausschuss war ganz bedeutend: „Stellt für 2020 keinen Sekt kalt, denn dann beginnt die eigentliche Arbeit erst.“

Für die ÜWG stellt sich dazu die logische Frage, warum warten wir bis 2020, wenn es uns doch heute schon bewusst ist, dass die Aufgabe kommt. Gehen wir sie doch gleich richtig an und warten nicht auf morgen.

In allen Wahlwerbungen wird davon geredet, Haushalte zu konsolidieren und nicht auf Kosten der nachfolgenden Generationen zu leben. Lassen wir doch Taten folgen.

Wer aber stets durch Wohltaten glänzen will, kann nur schwerlich einen Sparkurs fahren.

Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport hat verschiedene Szenarien zum Abbau von Altfehlbeträgen dargestellt.

  1. Fester Abbaukorridor: Kurz dargestellt bedeutet das für uns Abbau in 20 Jahren (9 Mio. pro Jahr)
  2. Gesamtkreislösung Abbau von 50% in 10 Jahren
  3. Schuldentragungslösung: höhere Zinslasten müssen durch die Grundsteuer B kompensiert werden, Grenze des Hebesatzes bis 900%

In dieser Gesamtdiskussion wird natürlich auch immer wieder darüber nachgedacht, ob so kleine Kreise überhaupt überlebensfähig sind. Ist es doch besser Regionalkreise zu bilden, wird dort hinterfragt. Wie schrecklich, wenn in einem Regionalparlament der Odenwaldkreis ähnlich wie in der Regionalversammlung nur 5% der Mandatsträger stellt. Welches Gehör findet dann der Odenwaldkreis?

Dazu einige kurze Zitate aus einem Bericht aus der FAZ vom 12. Sept. 2016; Thema war „Schuld ist die Demographie“ bzw. „Wie Bevölkerungsschwund zu Politikverdrossenheit führt“ in Bezug zu den Wahlergebnissen in Mecklenburg-Vorpommern (weit weg und doch so nah):

  • Aber für viele Menschen ist Politik nach der Gebietsreform nur noch etwas Abstraktes, denn sie ist räumlich weit entfernt.
  • Das gilt übrigens auch für die Politiker. Manches Kreistagsmitglied fährt 120 km zur Kreistagssitzung.
  • Die SPD in Mecklenburg-Vorpommern sieht sogar die Notwendigkeit größere Gemeinden zu schaffen.
  • Die CDU, die bei einer von oben verordneten Gemeindestrukturreform, endgültig jede Reputation verlieren würde, setzt zwar auf Freiwilligkeit. (Kennen wir im Odenwaldkreis diese Entwicklung nicht auch schon?)
  • Wer aber frustriert ist, bei dem haben populistische Kräfte und Verschwörungstheoretiker leichtes Spiel.
  • Was wirklich hilft ist die Erkenntnis, dass ländliche Räume im Vergleich teurer sind als etwa Metropolen.

Aus diesen Gründen sieht die ÜWG die Notwendigkeit, sich wirklich mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass die Rahmenbedingungen hergestellt werden, um die Existenz unseres eigenständigen Odenwaldkreises zu erhalten.

Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen, der die Genehmigung unseres Haushaltes durch die Genehmigungsbehörde anbelangt und unsrer Fraktion einige Sorgen bereitet.In der Genehmigung des Haushaltes 2016 stellt das RP fest, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Odenwaldkreises weiterhin äußerst gefährdet ist. Nichts Neues.

„Mit den Erlassen vom 28. Januar und 21. September 2015 hat das Hessische Ministerium des Innern und für Sport festgelegt, dass im Haushaltsgenehmigungsverfahren 2016 die Genehmigung nur erteilt werden kann, wenn die Kommune zumindest die Jahresabschlüsse bis 2014 aufgestellt hat oder in begründeten Ausnahmefällen zusichert, diese bis zum 31.12.2016 aufzustellen. Der Kreisausschuss hat am 15. September 2016 einen Beschluss gefasst, der die Aufstellung der Jahresabschlüsse bis zum 31. Dezember 2016 zusichert. Die Genehmigung kann somit erteilt werden.“

Für die ÜWG-Fraktion stellt sich jetzt die Frage, wie das RP damit umgeht, dass die Zusage des KA bis zum 31.12.2016 nicht erfüllt wurde. Herr Landrat, ist die Zusage denn mittlerweile wenigstens erfüllt?

Aufgrund der dargelegten Fakten kann sich die ÜWG – Fraktion der positiven Einschätzung des Haushaltes durch die große Koalition nicht anschließen.

Wir vermissen den deutlichen und ernsthaften Willen zum Sparen und müssen deshalb den vorliegenden Haushalt ablehnen.